In den letzten Wochen wurde medial oft von einer Energiekrise gesprochen, das Thema war überpräsent. Dies, nachdem eine Studie ihre Erkenntnisse öffentlich gemacht und damit die öffentliche Kontroverse angefeuert hat. Viele Medien und Teile der institutionellen Politik haben es nicht geschafft, neutral und konstruktiv über die Lage zu berichten und viele Faktoren schlichtweg ausgelassen, was zu einer Überspitzung des Problems geführt hat.

Das gescheiterte Stromabkommen mit der EU hat weitreichende Folgen für die Schweiz, oder?

Es ist mitnichten so, dass inländische Elektrizitätsanbieter keinen europäischen Strom mehr kaufen können, denn das geplatzte Stromabkommen hätte diesen nur den Zugang zu verschiedenen Werkzeugen zur effizienten Stromverteilung zwischen den Mitgliedstaaten gegeben. Der Einkauf ist also noch möglich, wird aber für die Anbieter aufwändiger und teurer. Das wirkt sich schlussendlich auch auf die Konsumentenpreise niederschlagen wird.

Die Energiepreise steigen in unerträgliche Höhen. Stimmt das?

An dieser Aussage ist tendenziell nichts falsch, jedoch wird dabei ausgeblendet, dass laut dem Schweizer Konsumentenpreis-Index, der vom Bundesamt für Statistik herausgegeben wird, zwar die Heizöl- und Gaspreise erheblich steigen, dies jedoch für die Strompreise nicht zutrifft. Während die Endverbraucherpreise von Heizöl und Gas dieses Jahr um 43% bzw. 9% gestiegen sind, stieg der Strompreis um nur 1% und ist somit offensichtlich nicht davon betroffen.

Die Erhöhung der Öl- und Gaspreise sind durch weltweite Lieferschwierigkeiten und einer künstlichen Verknappung der gelieferten Gasmenge durch die ölfördernden Nationen verursacht worden. Ganz anders bei den Stromkosten: Für das kommende Jahr sagt die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) einen Kostenanstieg für Strom von lediglich 3% voraus.

Wir produzieren zu wenig Strom und steuern auf eine Stromknappheit zu. Richtig?

Das ist für die Zukunft schwierig zu sagen, da verschiedene Faktoren diese Aussage beeinflussen können. Realität ist, dass ein weitgehender Atomausstieg nicht nur in der Schweiz Ziel ist, sondern auch in den anliegenden Staaten zur Diskussion steht. Gleichzeitig ist die Atomkraft der zweitgrösste Energielieferant in der Schweiz. Doch was nun mit unserem Atomausstieg?

Die Atomkraft muss ersetzt werden, in kürzester Zeit müssen also grosse Mengen an Kapazitäten geschaffen werden. Die ElCom prüft derzeit den Bau eines Spitzenlast-Gaskraftwerkes. Ein solches würde zu stark ausgelasteten Zeiten zusätzliche Energie in das Netz einspeisen. Eine klimapolitisch sinnvollerer Ansatz ist der Ausbau erneuerbarer Energien und die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Chancen dieser nachhaltigen Alternativen, denn im Moment scheitert die Umsetzung vieler Anlagen am fehlenden Willen der Öffentlichkeit und der Politik, wie eine Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie zeigt.

Was ist nun mit dem Bundesrat? Weshalb warnt er?

Guy Parmelin hat als Wirtschaftsminister im Rahmen einer Videobotschaft, die an Schweizer Unternehmende gerichtet war, von einer drohenden Stromknappheit gewarnt und die Betriebe dazu aufgefordert, sich darauf vorzubereiten. Dies hat für Aufregung gesorgt, viele Menschen aufgeschreckt und den Stein erst richtig ins Rollen gebracht.

Für die unüberlegte Aktion wurde er von der Umweltministerin Simonetta Sommaruga stark kritisiert. Obwohl der Aufruf schon im Oktober des letzten Jahres veröffentlicht wurde, schlägt er noch heute Wellen und taucht immer wieder im Zusammenhang mit der Studie zur Stromzusammenarbeit mit der EU auf.

All diese Beispiele zeigen, wie überrissen und sensationsgetrieben die Presse auf eine einzige Studie reagiert hat, die schlussendlich nur die Zusammenarbeit mit der EU als Inhalt hat.

Es ist tatsächlich Angstmacherei. Das Ende der Atomkraft ist spätestens seit der angenommenen Energiestrategie 2050 beschlossene Sache und steht nicht mehr zur Debatte. Ein Spitzenzeiten-Gaskraftwerk ist keine Option, denn in Zeiten der Klimakrise muss der Einsatz von fossilen Energiequellen ab- und nicht ausgebaut werden.

Um die Versorgungssicherheit in der Schweiz gewährleisten zu können, müssen unter anderem erneuerbare Energien stärker gefördert werden. Es kann nicht sein, dass wir uns in einer Zeit, die von Naturkatastrophen als Folgen der Erderwärmung geprägt ist, nicht genug anstrengen können, die Stromgewinnung nachhaltig zu gestalten.