Dieses Kapitel zeigt einen gerechten, gesellschaftlich akzeptierten und umweltverträglichen Weg, wie negative Emissionen helfen können, dass Ziel von netto null Emissionen bis 2030 zu erreichen.
Symbolbild: Wald mit jungen Bäumen im Vordergrund.
Du liest die Kurzfassung des Klimaaktionsplans. Hier kannst du das Kapitel in voller Länge lesen:
Negative Emissionstechnologien (NET) entziehen bereits emittiertes CO2 aus der Atmosphäre oder fangen CO2 direkt bei der Emissionsquelle aus den Abgasen ab. Die Entnahme von CO2 kann rein technisch oder durch Pflanzen erfolgen. Viele NETs werden bereits heute getestet und eingesetzt. Die dadurch erzeugten negativen Emissionen sind jedoch klein. Dennoch gibt es enorme Potenziale für die sichere Endlagerung von CO2. Laut dem IPCC-Bericht könnten ganz sicher 2000Gt CO2 gelagert werden. Zum Vergleich, unsere derzeitigen jährlichen Emissionen liegen bei weniger als 40 Gt CO2. Die Sicherheit dieser Lagerstätten wird als sehr hoch eingeschätzt (IPCC 2018). Die notwendigen Technologien und Reservoirs, um CO2 in grossen Mengen zu lagern, sind bereits heute vorhanden.
Darüber hinaus ist die Notwendigkeit von NETs unbestritten, wenn die globale Erhitzung auf die im Pariser Abkommen vorgesehenen 1.5 °C Celsius begrenzt werden soll. So erfordern alle neunzig im IPCC-Bericht SR 1.5 gesammelten Klimaszenarien, die mit dem 1.5-Grad-Ziel vereinbar sind, negative Emissionen in grossem Massstab und zwar mit einem Beginn zwischen 2020 - 2030. Zudem gehen fast alle aktuellen Klimaszenarien davon aus, dass der Atmosphäre in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts massive Mengen CO2 entzogen werden, um die globale Erwärmung zu stabilisieren.
Symbolbild: Feuchtgebiete als wichtige Kohlenstoffspeicher.
Dennoch erlauben NETs unter keinen Umständen ein "weiter wie bisher". Die Entfernung und Speicherung von CO2 ist teuer und energieintensiv. NETs sollten daher für schwer zu vermeidende Emissionen reserviert werden. Beispiele für solche Bereiche könnten die Luftfahrt, die Landwirtschaft und die Zementproduktion sein. NETs sind in keiner Weise eine Alternative zur Emissionsminderung, sondern eine praktisch unverzichtbare Ergänzung.
Technologien
Dies ist eine kurze Beschreibung der sieben untersuchten NETs und deren Speichermöglichkeiten (Abbildung 2).
Direkte Kohlenstoff Abscheidung und Speicherung (DACCS) Bei der DACCS-Methode wird der Umgebungsluft mittels technischer Anlagen CO2 entzogen. Das so gewonnene CO2 wird in der Schweiz sicher in der Erdkruste gespeichert (sequestriert). Für die Schweiz wird mit einer Kapazität von 2,68 Gt gerechnet. Die Speicherung von CO2 im Boden wird seit 40 Jahren durchgeführt. Bisher wurden rund 0,26 Gt CO2 eingespeichert. Diese Methode gilt als sehr sicher.
Bioenergie Kohlenstoff Abscheidung und Speicherung Durch die Verbrennung von Biomasse (z.B. Pflanzenabfälle, Holzreste, etc.) kann Wärme oder Strom erzeugt werden und das aus den Abgasen emittierte CO2 wie bei DACCS im Boden gespeichert werden. Auf diese Weise kann Kohlenstoff sicher aus dem Kohlenstoffkreislauf entnommen werden.
Carbon Capture and Storage in Industry In industriellen Punktquellen wie Müllverbrennungsanlagen oder der Zementherstellung kann CO2 aufgrund seiner hohen Konzentration gezielt herausgefiltert und wie bei DACCS im Boden gespeichert werden.
Erhöhte Verwitterung Im Prozess der verstärkten Verwitterung werden zerkleinerte Steine auf Feldern verteilt. Durch den Zerkleinerungsprozess reagiert das Gestein schneller mit dem im Regenwasser gebundenen CO2. Der natürliche Verwitterungsprozess des Gesteins wird dadurch beschleunigt. Das gelöste CO2 wird mit dem Wasser ins Meer gespült und dort als Carbonatgestein abgelagert und für lange Zeit gespeichert. Dieser Prozess wirkt auch der Übersäuerung der Meere entgegen.
Wiederaufforstung, Aufforstung und verstärkte Nutzung von Holz Durch Aufforstung, gezielte Anpflanzung des Waldes und verstärkte Nutzung von Holz in Gebäuden können jährlich bis zu 3 Mt CO2 gespeichert werden.
Pflanzliche Kohle / Biokohle Es ist möglich, schnell wachsende Pflanzen oder Abfälle aus der Nahrungsmittelproduktion unter grosser Hitze in pflanzlichen Kohlenstoff umzuwandeln und anschliessend im Boden zu speichern. Die Abwärme kann direkt genutzt oder in Strom umgewandelt werden.
Kohlenstoffspeicherung im Boden Änderungen in der landwirtschaftlichen Bodennutzung kann auch die Kohlenstoffbindung beeinflussen. Dadurch wird der Kohlenstoffgehalt der Böden erhöht, was ebenfalls die Bodenqualität verbessert.
Abbildung 2 Potenzial und Kosten der verschiedenen NETs in der Schweiz
Massnahmen
Heute ist der Preis für NETs zwei- bis dreimal höher als in der obigen Übersicht. Die erwartete technologische Entwicklung sowie die zunehmende Nutzung würden allerdings in Zukunft zu einer Preissenkung führen. Es ist daher unerlässlich, die NETs jetzt zu nutzen, auszubauen und zu fördern, damit bis 2030 das Ziel netto null Treibhausgasemissionen mit den geringstmöglichen Kosten erreicht werden kann. Jede weitere Verschiebung der NETs stellt eine zusätzliche Belastung künftiger Generationen dar. Die Schweiz wäre theoretisch bereits jetzt in der Lage, mehr als ihre inländischen Emissionen zu kompensieren. Da der Ausstoss von Treibhausgasen in die Atmosphäre heute aber praktisch kostenlos ist, gibt es bis jetzt keinen wirtschaftlichen Anreiz, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Dementsprechend werden die NETs ohne entschlossene politische Unterstützung nicht schnell genug verfügbar sein, um die erforderliche signifikante Wirkung auf die CO2-Bilanz der Schweiz zu erzielen.
Massnahme 7.1: Finanzierung negativer Emissionen durch Treibhausgasabgaben
Ab 2030 sind nur noch durch NETs real kompensierte Treibhausgasemissionen erlaubt. Um sicherzustellen, dass NETs im Jahr 2030 zu erschwinglichen Kosten zur Verfügung stehen, muss von nun an ein jährlich steigender Anteil der CO2-Abgabe als Anschubfinanzierung in NET-Projekte fliessen. Auf diese Weise können die Anlagen später kostengünstiger zur Verfügung stehen. Ziel ist es, die Kosten auf unter 200 Fr./t zu senken. Neben der CO2-Abgabe eignet sich auch die Flugticketabgabe als Anschubfinanzierung.
Assumption: NET costs 200 Fr./t in 2030 (mean value of the assumptions of Fuss et al. 2018)
Goal: a socially and economically acceptable way that all greenhouse gas emissions are either avoided or compensated in real terms via NETs in 2030 - i.e. net zero is reached in 2030. From 2030 onwards, only greenhouse gas emissions compensated in real terms by NETs are allowed. To ensure that NETs are available at affordable costs in 2030, an annually increasing portion of the CO2 tax must flow into NET projects as start-up financing from now on. In this way, the plants are manufactured industrially and become more cost-effective - the goal is to achieve costs below 200 Fr./t. In addition to the CO2 tax, the air ticket tax is also suitable as start-up financing.
Initially for example 5% of the increasing CO2 tax of CHF 120 starting 2021 and CHF 525/t CO2 by 2030 must be used for the real compensation of emissions with NETs, the rest is redistributed per capita. The proportion that flows into NETs is increased by 5% each year. It can be assumed that by then the price of NETs will have fallen to 200 Fr./t and thus with the CO2 tax all emissions can be removed from the air in real terms (net zero).
The path of the slowly increasing NETs share in the subsidy levy is socially and economically compatible: CO2 emissions will decrease sharply, thereby stabilizing per capita spending on NETs at a low level.
Further remarks:
The CO2 levy might not lead to a sufficiently strong reduction in emissions - therefore it is important that DACCS is reserved for emissions that are difficult to avoid and that easily substitutable applications such as combustion engines, oil and gas heating systems etc. are banned. To achieve net zero only through prices would require enormously high CO2 taxes.
The tax is called CO2 tax - but it should apply to all greenhouse gas emissions - simply converted to CO2eq
This tax requires a border tax adjustment to protect the domestic industry from competitors who do not have a comparable CO2 tax.
If the price of NETs continues to fall after 2030, CO2 emitters can use NETs to buy themselves free from the CO2 tax - the government tax of 200 Fr./t is therefore the upper limit.
A sensible distribution key between the different NETs has to be elaborated.
However, only negative emission technologies are allowed, where a storage of CO2 of >90% over at least 100 years can be expected to be as good as certain (virtually certain). This excludes compensation methods that only simulate artificial CO2 compensation, such as forestation or protection against deforestation.
Investments must also be made in technologies that are not the cheapest from the outset, but have the potential to store large quantities of CO2 and become attractively priced (start-up financing).
Massnahme 7.2: Kompensation der Emissionen von importierten Gütern
Die Schweiz neutralisiert ihre verbrauchsabhängigen THG-Emissionen. Die Emissionen aus der Produktion und der Nutzung aller in die Schweiz importierten Güter/Energieträger müssen bis 2022 mit 1% negativ kompensiert werden. Der Anteil der Gesamtemissionen, für den negative Emissionen gekauft werden müssen, steigt auf 2% im Jahr 2023, 4% im Jahr 2024, 8% im Jahr 2025, 16% im Jahr 2026, 32% im Jahr 2027, 64% im Jahr 2028, 85% im Jahr 2029 und bleibt ab 2030 bei 100%. So wird eine Lernkurve nachgeahmt. Die Importeur*innen bezahlen so die Anbieter*innen dafür, diesen Prozentsatz des CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und langfristig zu speichern.
Switzerland neutralizes its consumption based GHG emissions. The emissions from the production and utilization of all imported goods/energy carriers into Switzerland must be negatively compensated by 1% in 2022. The fraction of total emissions for which negative emissions have to be bought increases to 2% in 2023, 4% in 2024, 8% in 2025, 16% in 2026, 32% in 2027, 64% in 2028, 85% in 2029 and remains at 100% in/after 2030, thereby mimicking a learning curve. The importers pay providers to remove this percentage of CO2 out of the atmosphere and store it for the long term. This creates a market that sets a real CO2 price and reduces the demand for GHG intensive goods and services. It also ensures that CO2 will be offset in the long term and that net zero will be reached in 2030, which is in line with the 2015 Paris Agreement. An economic incentive is also created to either mitigate, or not to mitigate and, in turn, pay for the disposal of the resulting emissions. Purchases of negative emissions are possible in Switzerland or abroad and can be credited in an equivalent manner. Independently of the storage location, only negative emission technologies are permitted in which CO2 storage of more than 90% for at least 100 years is expected to be virtually certain. This excludes simple afforestation or forest preservation, well established methods to artificially offset CO2 in 2020. Methane and nitrous oxide emissions have to be compensated with negative CO2 emissions, with an identical annual increase in percentage. The amount of CO2 to compensate is calculated using CO2 equivalents (e.g. 1 t methane emitted = 34 t CO2 to be negatively compensated, 1t nitrous oxide = 298 t CO2). A product specific cross-border adjustment should be introduced for imports and exports of greenhouse gas intensive products. It would be paid at importing from and received at exporting to countries with less strict CO2 policies.
Massnahme 7.3: Subventionierung von NETs mit erstatteter allgemeiner Treibhausgasabgabe
Diese Massnahme garantiert Unternehmen oder Privatpersonen eine feste Subvention für jede Tonne CO2, die über einen bestimmten Zeitraum nachweislich aus der Atmosphäre entfernt wird. Die Subvention pro Tonne entzogenem CO2 wird im Zuge des Ausbaus der schweizerischen Nettokapazität schrittweise reduziert. Die Subvention pro Tonne entfernten CO2 ist spezifisch für die jeweilige NET.
In order to attract investments into NET-technologies, investors need security of investment. This policy guarantees companies or privates a fixed subsidy for each ton of CO2 verifiably removed from the atmosphere over a predetermined period of time. The subsidy per ton of removed CO2 is gradually reduced as Switzerland’s NET capacity is scaled up. During the scale up the costs per ton of removed CO2 decreases steadily over time and approaches the level of the implemented steering tax at some point in the future.
The subsidy per ton of CO2 removed is specific to the NET involved. The level of compensation applied to each NET is determined by the NETs portfolio Switzerland aims for post-decarbonization. The composition of that portfolio requires a comprehensive analysis of benefits and risks of constituent NETs, including potential scalability, cost, side-effects and so on.
With this approach, a clear incentive towards a technology portfolio of choice could be provided, avoiding long-term costs resulting from lock-in effects arising from the scale-up of inappropriate NETs due to short-term business considerations. This extends the incentive structure not merely away from fossil fuels (arising from a greenhouse gas levy), but towards a desired end state. It would also reduce one of the main impediments for the flow of capital into novel technological endeavors: investor risk aversion. By guaranteeing compensation, the fat-tail of losses in the return on investment distribution are curtailed. Thus, with downsides managed, investors can focus on potential upsides, which will increase investment. Third, the approach can be naturally combined with any greenhouse gas levy laid out above. The financing of the subsidies can be implemented flexibly.