Du liest die Kurzfassung des Klimaaktionsplans. Hier kannst du das Kapitel in voller Länge lesen:

Vollständiges Kapitel

 

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Überblick

Der Landwirtschaftssektor ist einer der Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen in der Schweiz. Gleichzeitig ist die landwirtschaftliche Produktion sehr anfällig für die Folgen der Klimakrise, insbesondere im globalen Süden. Es besteht grosses Potenzial, die Landwirtschaft und den Nahrungsmittelverbrauch der Schweiz ökologischer und gerechter zu gestalten. Dasselbe gilt für den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten. Wir stellen uns ein Ernährungssystem vor, das alle Menschen der heutigen und, langfristig gesehen, der künftigen Generationen in der Schweiz mit genügend, gesunden, nahrhaften und nachhaltig produzierten Lebensmitteln versorgt. In unserer Vision bemüht sich die Schweizer Politik ständig, weltweit die Umwelt zu erhalten und gleichzeitig Gerechtigkeit zu fördern sowie die Menschenrechte zu verteidigen. Alle Akteur*innen des Ernährungssystems sind sich der sozialen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns in der Schweiz und im Ausland bewusst und passen ihr Verhalten entsprechend an. Sie teilen eine gemeinsame Vision eines nachhaltigen Ernährungssystems und unterstützen sich gegenseitig bei deren Umsetzung. Das Verursacher*innenprinzip wird konsequent angewendet und der Preis für Nahrungsmittel spiegelt die ökologischen und sozialen Kosten wider, die durch ihre Produktion und ihren Handel verursacht werden.

Symbolbild: Die Zerstörung des primären Regenwaldes durch Duta Palma in West-Kalimantan, Borneo.

Internationaler Kontext

Der Aufschwung des internationalen Agrarhandels hat tropische Wälder, Weiden und Wiesen in Ackerland umgewandelt, bedroht die biologische Vielfalt und erhöht den emissionsintensiven internationalen Transport erheblich. Die Schweiz ist stark auf Agrarimporte angewiesen. Palmöl und Tierfutter (wie z.B. Soja) werden zum Beispiel in grossen Mengen importiert. Zudem ist die Schweiz sowohl Drehscheibe des internationalen Agrarrohstoffhandels als auch Standort vieler internationaler Agrarkonzerne (Hauptsitz oder Zweigstelle in der Schweiz).

Die Schweiz muss für alle negativen Auswirkungen unserer Konsumgewohnheiten im Bereich des Umweltschutzes, der Menschenrechte und der Arbeitsbedingungen im Ausland zur Rechenschaft gezogen werden. Die Schweizer Regierung sollte sowohl geplante als auch bestehende Handelsabkommen, die landwirtschaftliche Produkte betreffen, revidieren, sodass sie strenge Umwelt- und Sozialstandards einhalten. Weiter sollen die Produktion und die Verwendung von Biotreibstoffen verboten werden, sowie auch die Spekulation damit. Biotreibstoffe werden hauptsächlich aus Lebensmitteln hergestellt und untergraben damit die globale Ernährungssicherheit. Zudem müssen die in der Schweiz ansässigen internationalen Agrarkonzerne gesetzlich bindende und sozialverträgliche Pläne ausarbeiten, wie sie ihre Emissionen und anderweitige Umweltschäden reduzieren wollen. Nicht zuletzt soll die Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln verboten werden.

Symbolbild: Kleine Landwirtschaftsbetriebe.

Konsum

Was wir konsumieren, hängt von verschiedenen Aspekten ab, wie beispielsweise dem Marktpreis, der Verfügbarkeit im Detailhandel und unserem Wissen über das Produkt. Um eine nachhaltige Ernährung zu gewährleisten und Food Waste zu reduzieren, haben wir verschiedene Massnahmen ausgearbeitet, die unser Konsumverhalten beeinflussen. Zu diesen Massnahmen gehören eine Anpassung der Industrienormen, die Kennzeichnung und Preisgestaltung von Lebensmitteln entsprechend ihrer Umweltauswirkungen, die Unterstützung nachhaltiger Alternativen für Lebensmittel tierischen Ursprungs, Bildungsmassnahmen und eine sektorenübergreifende Ernährungsstrategie, die von verschiedenen Ämtern der Schweizer Regierung (BAG, BLW, BLV und BAFU) entwickelt werden soll. Die Regierung muss ausserdem sicherstellen, dass emissionsintensive Produkte (beispielsweise Fleischprodukte) nicht nur aufgrund ihrer Produktionskosten aber auch gemäss ihren “wahren” Kosten bepreist werden (Internalisierung von Umweltkosten).

Symbolbild: Ein Marktstand mit Gemüse und Früchten.

Produktion

In den letzten Jahren unternahmen Schweizer Landwirt*innen beträchtliche Anstrengungen, um mehrere anspruchsvolle Vorschriften zu erfüllen, welche die landwirtschaftliche Produktion nachhaltiger machen sollen. Die meisten Umweltziele wurden bisher dennoch nicht erreicht und die derzeit verfügbaren technischen Lösungen reichen nicht aus, um sie zu erreichen. Es ist deshalb notwendig, gegen ökologisch und sozial nicht nachhaltige inländische Produktionsweisen der Landwirtschaft vorzugehen.

Zur Klimakrise tragen in der Landwirtschaft vor allem die Viehzucht, der übertriebene Einsatz von Düngemitteln und die Verbrennung fossiler Brennstoffe bei. Deshalb muss einerseits der Viehbestand auf eine Grösse beschränkt werden, die dem lokal verfügbaren Futtermittel entspricht, andererseits Importe von tierischen Nahrungsmitteln begrenzt werden. Wiederkäuer sollten nur von Grasland ernährt und Futtermittelimporte eingestellt werden. Ackerland darf nur für Produktion jener Lebensmittel genutzt werden, die für Menschen direkt verzehrbar sind. So können die Treibhausgasemissionen aus dem Agrarsektor um mehr als die 50% reduziert werden und gleichzeitig wird eine gesündere Ernährung gefördert.  Die landwirtschaftliche Produktion hat sich primär an den ökologischen Rahmenbedingungen (Klima, Boden, Topographie etc.) und weniger an der Marktnachfrage zu orientieren. 

Symbolbild: Eine Kuh weidet auf Grasland.

Landwirtschaftliche Böden müssen nachhaltig bewirtschaftet werden, um ein langfristiges Produktionspotenzial zu sichern. Die Kohlenstoffspeicherung im Boden muss erhalten und erhöht werden. Um gegen Überdüngung vorzugehen, muss die Schweizer Agrarpolitik die Effizienz der Nährstoffnutzung steigern. Die angewendete Düngermenge muss dem Bedarf an Makro- und Mikronährstoffen der Pflanzen entsprechen. Eine nationale Obergrenze für die Anwendung von synthetischen Düngern (wie z.B. Ammoniumnitrat) in der Schweiz hilft bei der Erreichung dieses übergeordneten Ziels. Schliesslich sollte die einheitliche Mineralölsteuer auf landwirtschaftliche Maschinen ausgedehnt werden, um den CO2-Ausstoss, der bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe in der landwirtschaftlichen Produktion entsteht, zu vermindern. Die Schweiz muss ihre Landarbeiter*innen und Bäuer*innen wirtschaftlich und rechtlich stärken. Die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft müssen folglich dem schweizerischen Arbeitsrecht unterstellt werden. Beratung und Ausbildung in umweltverträglicher landwirtschaftlicher Produktion und alternativen Einkommensquellen im landwirtschaftlichen Sektor sollen gefördert werden. So können jene Bäuer*innen unterstützt werden, die den angestrebten Wandel des Schweizer Agrarsektors in Angriff nehmen und/oder kurz- und mittelfristig mit den dadurch verursachten Einkommensverlusten zu kämpfen haben.

Massnahmen